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Chronik der Begegnungen der Séter und Neuburger Fischerstecher

Mai 1986 Fischerstecher aus Séte nehmen erstmals am Neuburger Fischerstechen teil und erringen mit Régis Balana den ersten Platz bei dem für sie ganz neuartigen Stechen. Die Neuburger und die Séter Jouteure schließen Freundschaft.
1986 Die Fischergassler sind mit ihrer Tracht und der Zunftfahne bei der Jumelage-Feier im Theater von Séte anwesend. Stellvertretender Kerzenmeister Roland Thiele hat die Strecke von Neuburg nach Séte mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die Fischergassler nehmen mit vier Personen am Séter Fischerstechen teil. Alle Neuburger Fischerstecher fallen ins Wasser, nur einer nimmt wenigstens seinen Kontrahenten mit. Die Neuburger sind sehr beeindruckt von der lebendigen Tradition und der gesellschaftlichen Stellung der sieben Séter Jouteur-Gesellschaften und dem äußerst kampfbetonten, von tausenden Besuchern stürmisch gefeierten Fischerstechen auf dem „Grand Canal“ der Stadt. Unvergessen bleibt auch die gebotene Gastfreundschaft.
Mai 1987 Die Séter Fischerstecher sind wieder zu Gast in Neuburg an der Donau und nehmen am Neuburger Fischerstechen teil. Sieger des Turniers wird erneut der schier unbezwingliche Régis Balana.
Mai 1989 Die Jouteure aus Séte nehmen am 15. Neuburger Fischerstechen teil. Die Mannschaft wird angeführt von dem Stadtrat Christian Caselli. Weiterhin ist auch Régis Balanba dabei sowie mit anderen Francois Minaro, Alfons Formato und Jean Dirosa. Im starken Feld der Mannschaften aus Oberndorf an der Salzach (Österreich), Neuburg an der Donau, Stepperg, Ulm und Zürich (Schweiz) rettete René Castado für die Séter immerhin den 4. Platz. Sieger wurde Neuburg mit seinem Spitzenstecher Stefan Degmayr. Von der gemeinsamen Zillenfahrt auf der Donau am folgenden Sonntag titelte die Neuburger Rundschau „Bruderküsse und Bootstour“. Der Donaukurier vermutete hinsichtlich des 4. Platzes der Séter beim Fischerstechen: „Die „Glut des Südens“ (der Rotwein) kostete den Sieg.“
6. bis 9. Juli 1990 Eine Neuburger Delegation mit Hannelore und Franz Winter, Annemarie und Werner Fischer sowie Elfi und Andreas Kopernik besucht die Neuburger Patenstadt zur Fête des Pêcheurs. Sie nehmen am traditionellen Umzug und am Fischerstechen teil. Sie verlängern ihren Aufenthalt mit dem Besuch eines Campingplatzes am nahe gelegenen Frontignan-Plage.
Mai 1991 Die Jouteure aus der Partnerstadt Séte nehmen erneut am Fischergassenfest und am 17. Neuburger Fischerstechen teil. Leider fällt aber das Fest wegen Dauerregen total ins Wasser, was aber der Stimmung der Gäste keinen Abbruch tut. Beim Fischerstechen siegt wieder der Neuburger Stefan Degmayr, Die Mannschaft aus Séte belegt den 3. Platz. Als zweite französische Mannschaft nimmt eine Gruppe aus Meistratsheim im Elsaß am Turnier teil.
3. bis 5. September 1993 Eine Bayernauswahl von Fischerstechern unter der Führung der Neuburger Fischergassler wird zum Bierfest (dem Fest der Städtepartnerschaft Séte-Neuburg) eingeladen. Aus Neuburg ist Stefan Degmayr dabei und vom Schliersee der Fischerstecher Karl Randler. Daneben ist eine starke Gruppe von Stechern aus Donauwörth vertreten und zwei kommen aus Laufen an der Salzach. Auch diesmal wieder beeindruckt die Gastfreundschaft der Südfranzosen. Bei einem kleineren Stechen zwischen den Jouteuren aus Séte und den bayrischen Fischerstechern sind die Franzosen von den Leistungen Degmayr und Karl Randler beeindruckt, denen es gelingt, ihre Gegner ins Wasser zu befördern. Leider verletzt sich Karl Randler bei einem der Kämpfe ziemlich schwer. Legendärer Freundschaftsabend in der Kristallbar, Herberge einer der Séter Jouteur-Gesellschaften am Platz Aristide Briand.
Mai 1998 Bei 25. Neuburger Fischerstechen ist wieder eine Mannschaft aus Séte anwesend. Sieger des Turniers war nach dem Rückzug des Neuburger Stecherstars Stefan Degmayr die bärenstarke Mannschaft aus Laufen. Die Neuburger mit Michael Kopernik und Siya Ettenreich schaffen Platz drei und die Gäste aus Séte kommen auf den vorletzten Platz fünf. Der „Midi Libre“, die größte Zeitung in Séte bringt einen großen Bericht vom Neuburger Fischerstechen unter dem Titel „Le chevaliers de la tintaine dans la patrie de la bière.“
September 1998 Eine von Kerzenmeister Franz Winter angeführte Delegation der Neuburger Fischergassler ist beim St.-Louis-Fest und während des Bierfest- Wochenendes in Séte. Stefan Degmayr wird als einziger bayrischer Stecher zum Kampf der Schwergewichte beim St.-Louis-Turnier geladen. Er kann sich aber im dort üblichen KO-System gegen seinen starken Gegner nicht durchsetzen.

Auch für die übrigen drei Neuburger Teilnehmer Siya Ettenreich, Roland Thiele und Bruno Lignon galt der olympische Wahlspruch „Dabei sein ist alles!“ Für die Neuburger Delegation ist der Aufenthalt in Séte, der Hafen, das große Feuerwerk am St. Louis-Fest, das Neuburger Bierfest am stimmungsvollen Patz Aristide-Briand und der ganze südländische Charme der Stadt wieder einmal ein unvergessliches Erlebnis.

Mai 2000 Die Neuburger Fischergassler laden die Fischerstecher aus Séte zum 27. Fischergassenfest und Fischerstechen ein. Die Séter müssen aber leider absagen.
Mai 2003 Erneut werden die Fischerstecher aus Séte zum Neuburger Fischerstechen eingeladen. Nachdem sie kurzfristig absagen, springt für sie eine bayrische Mannschaft vom Forgensee für sie ein.

Anekdoten aus den Begegnungen der Neuburger und Séter Fischerstecher

Vor ihrer ersten Fahrt nach Séte waren die Fischergassler bei einem Fischerstechen im französischen Elsass. Als sie dort von ihrer Einladung zum Fischerstechen in die südfranzösische Hafenstadt und künftige Partnerstadt Séte berichteten, sagten die Straßburger Fischerstecher grinsend: „Bon voyage!“. Als wir das Séter Stechen mit den scharfen Lanzen, den schartigen Schilden und den von 10 Ruderern angetriebenen großen Boote mit hoch über das Wasser hinausragenden Plattformen gesehen hatten, wussten wir, warum sie uns eine gute Reise, vor allem wohl eine unverletzte, gesunde Heimkehr gewünscht hatten!

Wir Fischergassler nahmen die Partnerschaft und ihre Pflichten als Gastgeber vor dem ersten Besuch der neuen Freunde aus Séte sehr ernst. Sogar Französischstunden wurden für die Vereinsmitglieder organisiert und ein Lehrer des Neuburger Gymnasiums mühte sich redlich, uns an einigen Abenden ein paar Grundbegriffe beizubringen. Leider klang bei manchem braven Fischergassler das „Bon jour!“ (guten Tag) dann aber immer noch wie „Poa Schua!“ (paar Schuhe).

Bei ihrem ersten Besuch im Jahr 1986 als die Städtepartnerschaft zwischen Séte und Neuburg geschlossen wurde, hatten wir Fischergassler vom Séter Fischerstechen noch keine Ahnung. Wir dachten, wir würden nur einen Fischerstecher brauchen und sollten nun gleich zu mehreren antreten. Dabei ist die Séter Art des Stechens, wo vor einer begeisterten Menge auf einem großen Kanal inmitten der Stadt gekämpft wird vom Neuburger Stechen denkbar unterschiedlich. Die Séter kämpfen von Schiffen aus, die wie Galeeren mit 10 langen Rudern fortbewegt werden und bei denen am Heck weit ausladende 2,5 Meter hoch über das Wasser ragende Plattformen angebracht sind. Die ganz in Weiß gekleideten Fischerstecher stehen auf diesen Plattformen in einem Ausfallschritt und kämpfen mit Schilden und Lanzen, an deren Enden sich ein Stahlring mit messerscharfen Spitzen befindet. Das das nicht ganz ungefährlich ist und es auch Verletzungen geben kann, versteht sich von selbst. Schließlich fanden sich aber doch drei Mutige, die sich in den Kampf wagten und heilfroh waren, wenigstens nur mit ein paar blauen Flecken im Wasser zu landen. Den meisten Erfolg hatte aber der vierte Mann, ein junger Neuburger, der die Fischergassler nach günstigem Essen fragte. Wir sagten ihm, dass er bei ihnen sehr gut essen könnte, da die Séter sehr gastfreundlich auftischten. Er müsse nur beim Fischerstechen mitmachen. Der junge Mann, der nur das Neuburger Stechen kannte, war gleich dazu bereit und er schaffte es schließlich als einziger wenigstens seinen Kontrahenten mit ins Wasser zu nehmen.

Für die Séter Jouteure war unser Stechen aber auch sehr ungewohnt und sie jammerten öfter, dass bei uns mit einer zwar gepolsterten Lanze, aber auch den ungeschützten Brustkorb gestochen wurde. Sie meinten das sei schmerzhafter als ihr Stechen.

Vor dem Stechen gab es auch ein Training. Unser unvergessener Josef Kaufer machte auch beim Fischerstechen und damit natürlich auch beim Training mit. Er stand zwar ziemlich wacklig auf der Plattform hob aber kriegerisch die Lanze und fixierte starr seinen Gegner. Der sah aber, wie unsicher er auf der Plattform stand und wollte aus Sicherheitsgründen nicht kämpfen. Er hob also, wie es dort in diesem Fall üblich ist, die Arme mit Schild und Lanze hoch. Josef Kaufer aber sah dies vor lauter Aufregung und Mühe sich auf der Plattform zu halten überhaupt nichts und zielte weiterhin auf die nun entblößte Brust seines Gegners. Dem blieb schließlich nichts anderes übrig als ins Wasser zu springen. So hatte unser wackerer Josef wenigstens einen Séter Jouteur in Wasser gebracht, was ihm auf regulärem Weg sicher nicht gelungen wäre.

Großartig war jedes Mal die Gastfreundschaft der Séter Fischerstecher und der ganzen Stadt überhaupt. Einer der Jouteure, der einen Fischereibetrieb und einige Muschelbänke im Etang de Tau hatte, nahm uns auf seinem Boot hinaus, wo wir Muscheln und Austern frisch pflücken und dann in seinem betrieb gleich am Ufer verzehren konnten. Ein anderes Mal saßen wir bei einem Glas Rotwein auf den Außenplätzen eines Restaurants auf dem Platz vor dem Rathaus. Da öffnete sich die Rathaustüre, der Bürgermeister kam mit einigen Begleitern heraus erkannte uns – selbst aktiver Jouteur – als Neuburger Fischerstecher und lud und spontan zum Mittagessen ein.

Wenn die Séter Jouteure bei uns in Neuburg zu Gast waren, ließen wir uns hinsichtlich Bewirtung unserer Gäste natürlich auch nicht lumpen. Unser Vereinskassier Josef Kaufer beschaffte für ein Abendessen einmal pro Person eine ganze Schweinshaxe, was unsere französischen Gäste zu der verblüfften Frage veranlasste, wer so etwas und vor allem in dieser Menge essen könnte. Wir sagten, das sei bei uns in Bayern durchaus üblich und boten ihnen, damit sie es besser schafften einige Knödel an. Sie misstrauten aber diesem urbayrischen Gericht und aßen lieber die gleichfalls angebotenen Spätzle. Natürlich wurde auch viel Bier und der von den Sétern als Gastgeschenk mitgebrachte Rotwein getrunken. Als Herr Rein, Journalist des Donaukuriers, das spitz bekam, war, wenn die Séter nicht den ersten Platz beim Stechen belegten oder wir nicht so erfolgreich waren, immer der Rotwein schuld. Wir haben das aber mit Fassung und einem guten Schluck Rotwein ertragen.

Was uns immer wieder erstaunt hat war die gesellschaftliche Bedeutung des Fischerstechens in Séte. Ist es in Neuburg ein zwar traditionsreiches und vielleicht auch liebenswertes Detail, so ist Fischerstechen in Séte ein ganz wichtiger und sehr beliebter Traditionssport, der auch sehr viel über das Wesen der Südfranzosen hier aussagt. Es gibt in Séte sieben Fischerstechergesellschaften und eine „Ecole de Jouteur“, also eine Fischerstecherschule für die Kinder. Man kann den Eindruck gewinnen, dass man in Séte als Mann von den Frauen kaum ernst genommen wird, wenn man nicht wenigsten einmal beim Fischerstechen mitgekämpft hat, zumindest wenn er den Anspruch erhebt, ein echter Séter zu sein.

Die Mannschaften ziehen in ihren weißen Stechergewändern mit den Schilden und Lanzen feierlich durch die Stadt zum Kanal. Die Lanze ist dabei am ausgestreckten Arm hochzuheben, was einem einen Muskelkater schon vor dem Turnier einbringt, wenn man nicht trainiert ist. Nach dem Turnier und der Siegerehrung im Rathaus wird in den verschiedenen Bars und Herbergen, von denen jeder Fischerstecherverein eine eigene hat, ausgelassen gefeiert. und wenn man als aktiver Stecher mitgekämpft hat, wird man überall großzügig freigehalten. Unsere Fischerstecher sind auf diese Weise meist erst gegen Morgen ins Lazare, unsere Séter Herberge zurückgekehrt!

Beim der St. Petersfest und der Fête des Pêcheurs gibt es in Séte einen großen Umzug mit den Fischerstechern in ihren Gewändern und verschiedenen Gruppen mit Fahnen und Trachten. Es gehen aber nur Männer mit. Wir hatten aber unsere Frauen dabei und wollten das nicht akzeptieren. Nach längerer Debatte durften wir schließlich mit unserer Fahne und der Fischergasslertracht zusammen mit unseren Frauen mitmarschieren, aber ganz am Ende des Festzuges.

Bei dem St. Petersfest gibt es auch den Brauch, dass die Fangschiffe der Berufsfischer vom Hafen aus auf das Meer hinaus fahren und in der Höhe des romantischen Felsenfriedhofs am Meer zu Ehren der Muttergottes und des St. Peters Blumenkränze ins Meer werfen. Wir wurden auch dazu und vorher schon zu einigen Gläschen Pastis eingeladen. Die Fischtrawler fuhren dann ganz forsch in die Kurven und wir mussten schauen, wie wir auf dem geneigten Deck dennoch standfest blieben.

1993 waren wir mit einer sog. Bayernauswahl, das heißt mit Fischerstechern aus Donauwörth, Schliersee, Neuburg und Laufen in Séte. Wir wurden wie immer gastfreundlich empfangen und nahmen auch an einigen kleineren Fischerstecherturnieren teil. Bei einer dieser Veranstaltungen sagte unser Betreuer, wir sollten uns für eine Gedenkminute von unseren Plätzen erheben. Auf meine neugierige Frage, gab er mit Auskunft, dass einer der Séter Jouteure bei einem Stechen tödlich verunglückt sei. Er fügte zwar noch beruhigend hinzu, er habe einen Herzinfarkt erlitten, aber ich sagte ihm doch, er sollte diese Auskunft nicht ins Deutsche übersetzen.

Vielleicht haben sich unsere französischen Freunde ja auch einen Spaß daraus gemacht, uns etwas Angst einzujagen: Ein anderes Mal, 1998, als wir wieder in Séte zum Fischerstechen antreten sollten, zeigte uns unser französischer Betreuer jedenfalls das Bild eines Stechens, bei dem gerade einer der Teilnehmer dicht über dem Auge am Kopf getroffen wurde, dass das Blut spritzte. Wir meinten schon, das würde nicht gerade zur Motivation beitragen, aber unser Stefan Degmayr hat sich andererseits davon weder abhalten noch beeindrucken lassen.